Die grössten Herausforderungen für die BFI-Landschaft bis 2035

Samira Guyot benennt die drei grössten Herausforderungen aus ihrer Perspektive – in einem Beitrag zum 60-Jahre-Jubiläum des SWR.

Selten sahen die Zukunftsaussichten für uns Studierende so wolkenverhangen aus wie jetzt. Schon im Jahr 2024 wurde im Rahmen der BFI-Botschaft die steigenden Studierendenzahlen und die Teuerung in den Bildungsbudgets zu wenig berücksichtigt. Das Entlastungspaket des Bundes bringt nun noch viel stürmischere Wetterlagen mit sich – nicht nur für uns Studierende, sondern die gesamte Bildungs-, Forschungsförderungs- und Innovationslandschaft. Werden die Sparmassnahmen so umgesetzt, wie dies der Bundesrat vorschlägt, wird die Hochschullandschaft von einem starken Erdbeben erschüttert, dessen Gesamtfolgen kaum absehbar sein werden. Grosse Herausforderungen beim Verhindern von tiefen Gräben sehen wir insbesondere bei der Chancengleichheit, der Erhaltung der ausgezeichneten Qualität von Lehre und Forschung sowie der Anbindung an die internationale Bildungs- und Forschungsgemeinschaft.

Chancengleichheit – Quo Vadis? 

Die Studiengebühren sollen für alle Schweizer Studierenden verdoppelt, für ausländische Studierende gar vervierfacht werden. Ein kollektives Stirnrunzeln aus der BFI-Landschaft ist dem Bund mit diesen Plänen wohl sicher. Zu Recht kann man sich hier fragen, welche Zeichen damit gesetzt werden sollen. Der kürzlich veröffentlichte Bericht des Bundesamtes für Statistik zur sozialen und wirtschaftlichen Lage der Studierenden[1] zeigt, dass 50% der Studierenden von den Eltern finanziert werden und 42% einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Lediglich 4% erhalten ein Stipendium oder ein Darlehen. Angesichts der teilweise äusserst dysfunktionalen und untersubventionierten Stipendiensysteme der Kantone kann also zweifelsohne von einem Angriff auf die Chancengleichheit gesprochen werden. Will die Schweiz wirklich, dass Bildung nur für Personen aus gut betuchten Haushalten zugänglich bleibt? Kann es wirklich der Wille des Staates sein, so stark in die Zukunftsaussichten junger Menschen einzugreifen?

Setzt man in der Bildung eher auf ein gut gefülltes Portemonnaie, statt individuelles Talent, hat dies nicht nur Auswirkungen auf einzelne Zukunftsperspektiven. Es bedeutet eine Verschmälerung und Qualitätsminderung ganzer Forschungsgenerationen und dem Innovationspotential in der Schweiz. All diese Personen, die aufgrund ihrer finanziellen Lage nicht studieren können, fehlen nicht nur in der Forschung und Innovation, sondern auch in der Privatwirtschaft. Die Folgen dieses geplanten, disruptiven Eingriffs in die Chancengleichheit betrifft die ganze Schweiz.

Qualität von Lehre und Forschung – Bitte ja, aber kosten soll es besser nicht

Die Studierendenzahlen sind in den letzten Jahren stetig gestiegen; einige Hochschulen platzen quasi aus den Nähten. Die Treppenstufen in manchen Hörsälen wurden schon vor Jahren zu normalem Sitzmobiliar erklärt und haben heute zweifelhaften Legendenstatus. Besonders der Bund tut sich mit den notwendigen Unterstützungsinvestitionen in die hochschulische Infrastruktur schwer. Dass die Qualität von Lehre und Forschung darunter leidet, liegt auf der Hand. Mit finanziellen Ressourcen allein wäre es wohl auch nicht getan, es braucht weitergehende Massnahmen, um dem Problem beizukommen. Der angesetzte Sparhammer und die vermeintlich einfachen Ideen aus der Politik machen den Erhalt von Qualität von Lehre und Forschung zu einer Herausforderung, die die BFI-Landschaft noch lange beschäftigen wird.

Anbindung an die internationale Bildungs- und Forschungsgemeinschaft

Die harzigen Verhandlungen mit der EU bedeuteten eine lange Durststrecke für die Schweizer Forschungslandschaft. Noch immer ist sie vom europäischen Bildungs- und Forschungsmarkt teilweise abgeschnitten, doch immerhin scheint die Sonne am Horizont aufzugehen. Seit Januar 2025 können Schweizer Forschende am Projekt «Horizon Europe» wieder fast uneingeschränkt teilnehmen. Die volle Wiederassoziierung an «Erasmus+» ist immerhin per 2027 geplant. Dafür müssen die Mittel jedoch noch gesprochen werden.

Diese sonnig anmutenden Aussichten werden lediglich durch das Zeichen getrübt, das der Bund mit den Plänen der massiven Erhöhungen der Studierendengebühren für ausländische Studierende, zu denen auch Doktorierende gehören, setzt. Ob die Schweiz mit günstigeren Hochschulen in unseren Nachbarländern weiter mithalten kann, bleibt abzuwarten, scheint aber aufgrund der Herausforderungen bezüglich der Qualität an Schweizer Hochschulen unwahrscheinlich.

Abschliessend bleibt also nur zu fragen: Quo Vadis – Wohin soll das führen, Schweiz?

 

[1] Soziale und wirtschaftliche Lage der Studierenden

 

Samira Guyot ist Vorsteherin für das Ressort Hochschulpolitik beim Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS). Sie studiert Kulturwissenschaften, Kulturmanagement und Geschichte an der Universität Luzern (MA).