Die grössten Herausforderungen für die BFI-Landschaft bis 2035
Carmen Baumeler benennt die drei grössten Herausforderungen aus ihrer Perspektive – in einem Beitrag zum 60-Jahre-Jubiläum des SWR.
Bildungsforschung fördern, wertschätzen und Ergebnisse gezielt in Praxis und Politik nutzen
Bildungssysteme müssen sich kontinuierlich an technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen anpassen, damit Kinder und Jugendliche die notwendigen Kompetenzen erwerben, um aktiv am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft teilzuhaben. Die Berufsbildungsforschung unterstützt diese Anpassung, indem sie Lehr- und Lernformen analysiert, die Integration von Jugendlichen und Erwachsenen in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft untersucht sowie Fragen zur Governance des Bildungssystems stellt und beantwortet. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Zukunft der Schweiz.
Forschungsergebnisse helfen dabei, Lehr- und Lernmethoden an aktuelle Herausforderungen wie Künstliche Intelligenz anzupassen oder das Bildungssystem durchlässiger zu gestalten. Diese neuen Erkenntnisse können und sollten in Politik und Praxis noch gezielter genutzt werden – was weitere Anstrengungen im Bereich der Wissenschaftskommunikation fordert.
Engere Zusammenarbeit zwischen Allgemein- und Berufsbildung
Der Fachkräftemangel betrifft sowohl Lehrberufe (z. B. Pflegefachkräfte, Informatiker:innen) als auch akademische Berufe (z. B. Lehrpersonen, Hausärzte). Diese Herausforderung sollte gemeinsam angegangen werden.
Deshalb ist ein verstärkter Austausch und eine engere Zusammenarbeit zwischen den Akteur:innen der Allgemein- und Berufsbildung essenziell – sei es auf Sekundarstufe II oder auf der Ebene der Hochschulen und der höheren Berufsbildung. Statt als Konkurrierende um den Nachwuchs sollten sie sich als Partner:innen im Bildungsraum Schweiz verstehen. Unterschiedliche Bildungswege sind zwar andersartig, aber gleichwertig – und die jeweiligen (über-)fachlichen Kompetenzen, die auf dem berufsbildenden oder allgemeinbildenden Weg erworben werden, sind wertvoll und verdienen Anerkennung von beiden Seiten.
Förderung des lebenslangen Lernens
Die Selektion der Jugendlichen auf Sekundarstufe I gelingt nicht optimal, da der Zugang zu Bildungswegen noch immer u. a. vom sozio-ökonomischen Hintergrund abhängt. Damit ist die Chancengleichheit nicht gewährleistet. Umso wichtiger ist es, Korrekturen und Anpassungen im späteren Lebensverlauf zu ermöglichen.
Das Prinzip „kein Abschluss ohne Anschluss“ unterstreicht den Willen zur Durchlässigkeit im Bildungssystem. Berufswechsel nach der Erstausbildung sind häufig. Dennoch gibt es in der praktischen Umsetzung Hürden bei der Umsetzung der Durchlässigkeit – etwa in der Förderung eines breiteren Zugangs zur Berufsmaturität oder in der Anrechnung individueller Bildungsleistungen an neue Bildungswege. Hier sind weitere Anstrengungen notwendig.
