Die Schweiz zum digitalen Innovationshub befördern

Ausdauer gepaart mit Schnelligkeit braucht die digitale Schweiz. Deshalb will digitalswitzerland die Perfektionisten, die alles 100%ig machen wollen, vom 80%-Prinzip überzeugen. Denn viele Leute, auch in wichtigen Positionen in Unternehmen, haben die Bedeutung der Digitalisierung weiterhin nicht wirklich erfasst.

digitalswitzerland ist ein Katalysator, um die Digitalisierung voranzubringen. Der Digitaltag mit hunderttausenden Besucherinnen und Besuchern ist nur die bekannteste Aktivität: Wir lancieren und unterstützen Projekte, sind Facilitator und Enabler. Dies mit dem Ziel, die Schweiz als führenden digitalen Innovationshub zu positionieren. Denn damit Digitalisierung und Innovation in der Schweiz stattfinden, braucht es fundamentale Veränderungen:

  1. Dringend notwendig ist eine bessere digitale Infrastruktur – dazu zählen Einrichtungen wie insbesondere 5G-Molilfunknetze für mobiles Internet, aber auch die digitale Identität (E-ID), deren Umsetzung noch nicht unter Dach ist.
  2. An den Schulen müssen Kinder ab der Primarschule Computational Thinking lernen, die Fähigkeit komplexe Probleme mithilfe des Computers zu lösen.[1] Das ist ein langfristiges Engagement, mit dem die Schulen aber jetzt konfrontiert sind. Denn es geht darum, dass die Kinder die Welt in 20 Jahren verstehen, sie kreativ und kritisch mitgestalten können. Herausgefordert sind aber auch Erwachsene, Arbeitnehmer wie Arbeitgeber. Denn «lifelong Learning» ist nicht einfach eine Floskel.[2]
  3. Gleichzeitig geht es darum, für unser Land die Themen der Zukunft zu entdecken. Wird es Blockchain sein? Robotik? – Die Schweiz hat ja schliesslich bereits mehrfach bewiesen, dass sie Weltklasse sein kann, beispielsweise in Banking, Pharma- und Uhrenindustrie oder Tourismus.

Der Schweizerische Wissenschaftsrat hat sich kürzlich mit FinTech[3] beschäftigt und dabei Empfehlungen für Bildung, Forschung, Regulierung, Technologietransfer oder Venture Capital gemacht. Auch für digitalswitzerland ist die Förderung der Digitalisierung eine Querschnittsaufgabe; es geht darum, die Kräfte zu bündeln. Der FinTech-Bereich zeigt, dass die Schweiz die Möglichkeit hat, sich aus einer Position der Stärke heraus weiterzuentwickeln. Im Banking-Bereich generiert das Schweizer Qualitätslabel noch immer Vertrauen, darauf kann man aufbauen. Es gibt Fortschritte, beispielsweise in Cybersecurity oder bezüglich Venture Capital. Aber das ist erst der Anfang. Notwendig sind innovative und mutige Grossfirmen und KMU, mehr international ausgerichtete Start-ups, mehr Growth Capital – und generell ein Kulturwandel.

Um mit der enormen Beschleunigung der Veränderungen mithalten zu können, braucht es eine andere Herangehensweise als früher. Eine Innovation absolut perfekt zu machen, dauert zu lange. 80% anstatt Perfektionismus müssen reichen für die Marktreife, danach heisst es ausprobieren, analysieren und verbessern. Es braucht Mut, aus gewohnten Denk- und Arbeitsweisen auszubrechen, das geht nicht von heute auf morgen. Denn mit dem Mut zum Risiko ist auch das Scheitern verbunden.

Ich bin selber bereits gescheitert mit meinen Unternehmensideen. Das ist schmerzhaft, aber kein Grund, sich zu verstecken. Denn wenn man offen darüber redet und auch aufzeigt, was man dadurch gelernt hat, geht die berufliche Karriere weiter.

Das Gleiche gilt auch für digitalswitzerland. Unser Life Cycle ist einem jungen Start-up ähnlich. In den ersten Jahren haben wir Vieles ausprobiert und viele Projekte gestartet. Nun wollen wir in die Tiefe gehen und gezielt etwas bewirken. Das bedeutet, dass wir 2020 gewisse kleinere Projekte stoppen werden. Dafür werden grössere und impactvolle Projekte verstärkt.

In unserer täglichen Arbeit bringen wir Leute zusammen und arbeiten mit Behörden. Der Bundesrat, die Generalsekretariate und die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung müssen ein Verständnis entwickeln, dass die Digitalisierung primär transversales Denken erfordert. Das Mindset von Menschen zu ändern, ist nicht einfach, weder beim Bund noch in grossen Unternehmen.

Aber wir spüren auch Interesse und Neugierde, Vieles ist in Bewegung geraten: Die Schweiz ist derzeit weltweit Vorreiter bei der Blockchain-Gesetzgebung, ungeschlagen auch bei den Regelungen für Drohnenflüge. Das sind Beispiele, die bereits Wirkung zeigen und Innovationen in unser Land bringen. Die Schweiz ist aber auch, wie bei der elektronischen Identität, zu langsam. Ziehen aber alle am gleichen Strick, dann führt das zu mutigen Entwicklungen. Und das ist wunderbar.

 

[1] Siehe dazu auch https://digitalswitzerland.com/computational-thinking-initiative-de/.

[2] Siehe dazu auch https://www.lifelonglearning.ch/.

[3] Swiss Science Council (2019). Dealing with disruption – The role of education, research and innnovation shaping financial innovation, Considerations and recommendations by the Swiss Science Council SSC Multimethod case study on the subject of FinTech conducted by the SSC. Policy analysis 2/2019, Bern: SSC, https://wissenschaftsrat.ch/images/stories/pdf/en/SWR_Policy-analysis_2-2019_FinTech_web.pdf.