Digitale Mindestkompetenzen für die gesamte Sekundarstufe II

Für den SWR ist es zentral, dass alle jungen Menschen an der digitalen Gesellschaft teilhaben können. Er hat daher eine Liste von unabdingbaren digitalen Kompetenzen erarbeitet und empfiehlt Mindestanforderungen, über die alle Absolventinnen einer Berufslehre, alle Berufsmaturanden und alle gymnasialen Maturandinnen verfügen sollen.

Seit 2020 hat der Schweizerische Wissenschaftsrat (SWR) in seinem Arbeitsschwerpunkt «Bildung, Forschung und Innovation in einer digitalen Gesellschaft» einen Fokus auf die Sekundarstufe II gelegt und sich in Bildungsreformprojekte eingebracht.1 Nach den Diskussionen um das neue Grundlagenfach Informatik und der Stärkung der Digitalität im Gymnasium hat der Rat den Blick auf die Allgemeinbildung in der beruflichen Grundbildung (ABU) ausgeweitet. Für den SWR ist es wichtig, dass diese Revision genutzt wird, um die sich aus dem Megatrend «Digitalisierung» ergebenden Konsequenzen für die digitale Allgemeinbildung von Berufslernenden zu präzisieren.

Deshalb hat der SWR im Hinblick auf seine Stellungnahme zur Totalrevision der ABU-Verordnung in einem mehrstufigen Verfahren Mindestkompetenzen für Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und Digitalität erarbeitet.2 Damit Absolventinnen und Absolventen der beruflichen Grundbildung – und entsprechend auch Berufsmaturandinnen und -maturanden – an der Gesellschaft teilhaben können, müssen sie über breit gefächerte digitale Kompetenzen verfügen, wozu auch der Umgang mit künstlicher Intelligenz gehört.

Je nach Ausbildungsberuf werden digitale Kompetenzen in unterschiedlichem Ausmass bereits im Betrieb, in den überbetrieblichen Kursen und/oder im berufskundlichen Unterricht erworben. Der SWR präsentiert in seiner Zusammenstellung Mindestanforderungen; selbstverständlich drängen sich je nach Berufsgruppen für den ABU angepasste Kompetenzziele auf.

 

Die Zusammenstellung der digitalen Mindestanforderungen ist nachfolgend aufgelistet. Die Stellungnahmen des SWR sind auf der SWR-Website zu finden.

 

Wer berufliche Grundbildung oder eine Berufsmaturität abgeschlossen hat, kann…

Informatikanwendungen und Medien

…geeignete Anwendungsprogramme (auch freie Anwendungsprogramme) auswählen und nutzen, um eine Vielzahl von Aufgaben auszuführen, übliche Hardware (z.B. Maus, Drucker) selber installieren und technische Probleme (z.B. Ansteuerung von mehreren Bildschirmen) lösen

…Standard-Anwendungsprogramme (z.B. für die Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datensammlung, Grafikaufbereitung) situativ, flexibel und effizient einsetzen

…mit Internet (z.B. Suchmaschinen, Web-Transaktionen) und Kommunikationssoftware (z.B. E-Mail, Messages, online Meeting Tools) situativ, flexibel und effizient umgehen

…verschiedene Anwendungsbereiche von KI (z.B. Sprachverarbeitung, Bilderkennung, autonome Systeme, personalisierte Empfehlungen) erläutern

…KI-gestützte Anwendungen (z.B. Generierung von Texten, Bildern, Videos) auswählen, effektiv und ethisch verantwortungsvoll nutzen, deren Ergebnisse kritisch analysieren und bewerten

…Medien nutzen, Quellen von Medienbeiträgen ermitteln, inhaltliche Qualität und Wahrheitsgehalt von medialen Informationen beurteilen, erkennen, wenn Websites oder Apps KI verwenden, um Inhalte anzupassen oder Empfehlungen zu geben, Bias (Datenverzerrungen) in KI-generierten Inhalten erkennen

…Informatikanwendungen für die Lösung von Problemen und zum kontinuierlichen Lernen nutzen

 

Auswirkungen von IKT auf die Gesellschaft

…die Spannungsfelder bezüglich Datenschutz und Sicherheitsaspekte (z.B. Gesichtserkennung, Anonymität im Internet, Verschlüsselung der Kommunikation, Überwachung, Web-Neutralität) digitaler Technologien beschreiben

…die Spannungsfelder bezüglich der Digitalisierung und dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung beschreiben

…die Auswirkungen von KI auf unterschiedliche Gesellschaftsbereiche beschreiben

…ein Verständnis für ethische Fragen rund um KI entwickeln (z.B. Datenschutz, Bias, Transparenz, Verantwortlichkeit)

…Regeln zur digitalen Selbstbestimmung und zum Schutz der Privatsphäre anwenden und sich informieren, wie gegen KI-Entscheidungen vorzugehen ist

 

Daten und Information

…verschiedene Darstellungen von Informationen erläutern, deren Besonderheiten und Grenzen analysieren (z.B. Zahlen, Bilder, Texte, Töne)

…unterschiedliche Systeme der Organisation und zur Speicherung von Daten vergleichen

…Standards im Umgang mit eigenen Daten (Datenschutz, Schutz der Privatsphäre) anwenden und die eigene digitale Identität verwalten

…Informationen aus Daten extrahieren und die Ergebnisse diskutieren (z.B. Punktwolken, Diagramme)

…automatische Informationsverarbeitungssysteme untersuchen

…grundlegende Konzepte der KI erklären (im Hinblick auf ein Grundverständnis von KI, Daten und Algorithmen das Bewusstsein für die Bedeutung von Daten entwickeln und sich damit auseinandersetzen, wie Daten gesammelt, verarbeitet und genutzt werden, um KI-Modelle zu trainieren)

 

Systeme und Vernetzung

…die Architektur eines Computers und die Funktionsweise seiner Hauptkomponenten beschreiben

…die Interaktion zwischen Hardware, Betriebssystem und Anwendungsprogrammen erklären

…die Bestandteile und Funktionsweise von Netzwerken erläutern

…verschiedene Cyber-Bedrohungen (z. B. Malware, Social Engineering), Abwehrstrategien und Vorsichtsmassnahmen erklären

…verschiedene Methoden der Informationssicherheit beschreiben und anwenden

…neuronale Netze und andere fortschrittliche KI-Architekturen für Mensch-Maschine-Interaktionen, deren Grenzen und deren Limitationen erklären, um die Auswirkungen und Anwendungen von KI-Technologien im Alltag besser zu verstehen (Grundverständnis von KI-Systemen)

 

1Siehe Schweizerischer Wissenschaftsrat SWR (2021). Gymnasiale Bildung in der digitalen Gesellschaft sowie die verschiedenen 2021–2024 publizierten Stellungnahmen des SWR.
2Als Grundlage stützte sich der SWR dabei auf die Arbeiten zur Revision des Rahmenlehrplans an Maturitätsschulen.