Gymnasiale Bildung in der digitalen Gesellschaft
Die Digitalisierung verändert das notwendige Wissen und Können in vielen Fächern. Und sie wirkt sich in verschiedenen Bereichen wie Politik, Gesundheit, Arbeitswelt, Religion oder Kultur unterschiedlich aus. Das beste Rüstzeug für Maturandinnen und Maturanden ist daher eine breitgefächerte Bildung.
Nachdem die nationalen Bildungsstandards in die sprachregionalen Lehrpläne für die obligatorische Schule eingeflossen sind, wird nun die gymnasiale Maturität reformiert. Für den Schweizerischen Wissenschaftsrat SWR ist diese Weiterentwicklung wichtig; er widmet der «Gymnasialen Bildung in der digitalen Gesellschaft» seine jüngste Publikation.
Die digitale Transformation bringt neue Anforderungen für Schulen aller Stufen, auch für die Gymnasien. Die gymnasiale Bildung muss sich dem anpassen, damit Maturandinnen und Maturanden weiterhin erfolgreich ein Studium beginnen (allgemeine Studierfähigkeit) und die nachhaltige Weiterentwicklung von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft verantwortungsvoll mitgestalten können (vertiefte Gesellschaftreife).
Michael Geiss, Leiter des Zentrums Bildung und Digitaler Wandel der Pädagogischen Hochschule Zürich, hat im Auftrag des SWR die gymnasiale Bildung aus der Perspektive der Digitalisierung analysiert. Sein Bericht blickt zuerst auf die vergangenen Jahrzehnte zurück. Anschliessend untersucht er die Herausforderungen der Digitalisierung sowie die Kompetenzanforderungen an zukünftige Absolventinnen und Absolventen.
Der SWR ergänzt den Expertenbericht aus seiner Perspektive und leitet Empfehlungen an die Verantwortlichen der Kantone und des Bundes ab. Dabei will der SWR das duale Bildungsziel des Gymnasiums und damit den hohen Wert des Maturitätszeugnisses bewahren. Dazu erachtet er folgende Punkte als zentral:
Informatikunterricht fokussiert stärken
Der Informatikunterricht kann sich nicht mit allen Bereichen der Digitalisierung beschäftigen. Ein künftiges gymnasiales Grundlagenfach Informatik muss sich auf den technologischen Kern konzentrieren, auf das Erfassen, Speichern, Verarbeiten und Auswerten von Daten und Informationen. Die weiteren Aspekte der Digitalisierung sind im Kontext anderer, dazu geeigneter Unterrichtsfächer zu thematisieren.
Breite Bildung sicherstellen
Das Gymnasium muss künftige Studierende weiterhin auf alle Studienfächer und auf Aufgaben und Tätigkeiten in unterschiedlichen Lebensbereichen vorbereiten. Dazu sind systematische Kompetenzen in verschiedenen Fach-, Kultur- und Wertebereichen erforderlich und nicht eine frühe Spezialisierung.
Alle Fachbereiche überdenken
Methoden und Inhalte aller Unterrichtsfächer sind aus dem Blickwinkel der Digitalisierung zu hinterfragen. Die Anforderungen der Hochschulen und der Gesellschaft sind vielfältig, und sie betreffen Sprachen ebenso wie Musik, Wirtschaft oder Chemie.
Überfrachtung vermeiden
Auf das Gymnasium kommen neue Mittel, neue Inhalte und möglicherweise auch neue Fächer zu. Nur klare Prioritäten können eine Überfrachtung der Lehrpläne verhindern. Diese Priorisierung muss die Fachgemeinschaften einbeziehen und mit Forschung begleitet werden.
Fachliche Kompetenzen vielfältig und transversal anwenden
Analytisches Denken, Selbstreflexion, Teamfähigkeit und weitere transversale Kompetenzen werden wichtiger. Gymnasiastinnen und Gymnasiasten müssen vermehrt lernen, fachlich erworbene Kompetenzen in anderen Zusammenhängen anzuwenden.
Chancengerechtigkeit umsetzen
Schülerinnen und Schüler müssen unterstützt werden, damit sie ihren Bildungsweg gemäss ihrer Leistungsfähigkeit wählen und nicht aufgrund von Herkunft oder Geschlecht. Dazu gehören Massnahmen, um den Frauenanteil in der Informatik zu steigern.
Informationen zur Weiterentwicklung der gymnasialen Maturität sind auf der Webseite matu2023 zu finden.
Der SWR hat sich im Rahmen der internen Konsultation zum Reformprojekt geäussert, zur Revision MAR/MAV wie auch zum Rahmenlehrplan.