Regionale Innovationssysteme: Innovationsförderung in Berggebieten, ländlichen Räumen und den Grenzregionen der Schweiz
Urbane Zentren wie Zürich, Basel oder Genf weisen eine grosse Zahl an Unternehmen, Forschungs- und Finanzinstituten auf. Entsprechend hoch ist auch die Dichte an potenziellen Innovationsakteuren und genauso rege deren Austausch. In ländlich geprägten Gegenden der Schweiz präsentiert sich eine andere Ausgangslage mit spezifischen Herausforderungen für die ansässigen Unternehmen. Gemeinsam mit den Kantonen fördert das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) mittels regionaler Innovationssysteme (RIS) eine Vernetzung der relevanten Akteure. Damit wird der Nährboden geschaffen für Innovationen in Berggebieten, ländlichen Räumen und den Grenzregionen der Schweiz.
Mit der Neuen Regionalpolitik (NRP) fördern Bund und Kantone die Berggebiete, den weiteren ländlichen Raum und die Grenzregionen der Schweiz in ihrer regionalwirtschaftlichen Entwicklung. Die Standortvoraussetzungen für unternehmerische Aktivitäten sollen verbessert, Innovationen und Wertschöpfung generiert sowie die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gestärkt werden. So tragen Bund und Kantone dazu bei, dass Menschen auch in peripheren Gebieten zukunftsfähige Arbeitsplätze finden und nicht zwingend in die Städte pendeln oder abwandern müssen. Die NRP trägt indirekt dazu bei, die dezentrale Besiedlung in der Schweiz zu erhalten und regionale Disparitäten abzubauen.
Die NRP kennt zwei thematische Schwerpunkte: Industrie und Tourismus. Die regionalen Innovationssysteme (RIS) sind das primäre Instrument des Schwerpunkts Industrie, um im Rahmen der NRP Wissenstransfer und Innovation zu fördern. Das Ziel der RIS ist es, die Innovationsdynamik in den Regionen zu stärken, das Unternehmertum zu fördern und die regionale Wertschöpfung zu erhöhen.
Innovationen aus der Wirtschaft für die Wirtschaft
Innovation ist einer der Trümpfe der hiesigen Wirtschaft: Schweizer KMU können international kaum mit tiefen Preisen punkten, sehr wohl aber mit innovativen Produkten, Dienstleistungen und Prozessen. Die NRP setzt bei einem ganzheitlichen Innovationsverständnis an. Sie fördert insbesondere organisatorische Innovationen, die zu Wertschöpfung führen, und nicht in erster Linie wissenschafts- und technologiebasierte Innovation. Die NRP unterstützt Innovationen aus der Wirtschaft für die Wirtschaft. Dieser Ansatz ermöglicht es, die RIS komplementär zu anderen Förderinstrumenten wie Innosuisse zu positionieren, und Angebote aufzubauen, welche die Bedürfnisse der Unternehmen in den jeweiligen peripheren Regionen präziser abdecken. Die RIS decken funktionale Wirtschaftsräume ab. Sie setzen sich aus drei zentralen Elementen zusammen: Unternehmen / Hochschulen / öffentliche Hand (Triple Helix). Die sechs bestehenden RIS decken so einen Grossteil der Schweiz ab: Basel Area Business & Innovation, be-advanced, INOS, zentralschweiz innovativ, Fondazione Agire und ARI-SO. Sie fördern die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der KMU, indem sie koordinierte Unterstützungsangebote und Dienstleistungen in den Bereichen Information, Beratung, Vernetzung, Infrastruktur und Finanzierung anbieten.
Unterstützung durch Vernetzung und Beratung
Doch wie genau erfolgt diese Unterstützung der KMU durch die RIS?
Grundsätzlich lassen sich drei Aktivitäten aufführen, mit denen die RIS ihre Aufgaben erfüllen: die Vernetzung der Akteure, das Agieren als Point-of-Entry und das Angebot von Beratungsleistungen.
Die Vernetzung der Akteure ist eine zentrale Aufgabe der RIS. Die kritische Dichte an potenziellen Innovationsakteuren für die Schaffung eines dynamischen und innovativen Umfelds, welche in den betroffenen Gebieten nicht von selbst vorhanden ist, wird durch Veranstaltungen und Netzwerke, welche das RIS koordiniert und pflegt, geschaffen. So ermöglichen und fördern die RIS den Austausch zwischen regionalen Unternehmen, Forschungsinstituten und der öffentlichen Verwaltung. Dies kann durch Veranstaltungen wie in der Südschweiz (Novità ed Eventi) oder der Regio Basel (Events) wie auch durch den Aufbau eines Netzwerks wie in der Zentralschweiz erfolgen. Um Unternehmen zu vernetzen, kann ein RIS auch Plattformen aufbauen. Darüber werden Fördermassnahmen für Wissenstransfer oder Innovation unterstützt, die überbetrieblich organisiert sind, wie etwa die Schaffung von regelmässigen Events oder eines Clusters, das eine begrenzte Anzahl von Personen zusammenbringt, die ein Interesse für ein bestimmtes Thema teilen. Zwei Beispiele für solche thematischen und überbetrieblichen Plattformen sind die Plattform «Kunststofftechnik trifft Nachhaltigkeit» aus der Ostschweiz (INOS) und die Association BioAlps aus der Westschweiz (ARI-SO).
Darüber hinaus ist insbesondere ihre Funktion als Point-of-Entry, also als Anlaufstelle für Unternehmen, hervorzuheben. Die Hauptaufgabe der Point-of-Entry ist das Erstberatungsgespräch: Sie analysieren den Bedarf interessierter Unternehmen und leiten sie für weitere Schritte an die richtige Stelle weiter. Daneben sensibilisieren sie Akteurinnen und Akteure für die Thematik Innovation, stehen in regelmässigem Kontakt mit den interessierten Unternehmen und informieren über die verfügbaren Förderinstrumente.
Die RIS verfügen auch über die notwendigen Kompetenzen um ein eigenes Beratungsangebot aufrecht zu erhalten. Über das Coaching unterstützen sie die KMU bei Produkt- und Prozessinnovationen. Möglich ist auch eine Unterstützung bei Unternehmensgründungen ausserhalb des wissenschaftlichen Bereichs oder bei der Nachfolgeregelung für bestehende Unternehmen. Generell geht es um Unterstützungsangebote im Zusammenhang mit der Analyse von Geschäftsmöglichkeiten sowie um Projektberatung und Projektbegleitung. So bietet beispielsweise das RIS Mittelland gezielt ein KMU-Coaching an.
Mit diesen Aktivitäten ergänzen die RIS die nationalen Innovationsförderangebote wie etwa diejenigen von Innosuisse ideal. In der NRP-Periode 2024–2027 werden die Aktivitäten basierend auf den Erfahrungen weiterentwickelt. Dabei fliessen auch die Erkenntnisse aus der OECD-Studie zu Innovationen im ländlichen Raum (2022) mit ein.
Innovation findet in allen Teilen der Schweiz statt, teilweise im Fokus der Öffentlichkeit, teilweise abseits der Hektik der Schweizer Metropolen, doch liefert sie stets einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und zum Erhalt der Attraktivität der Schweiz als Arbeits- und Wohnort.
Kontakt/Rückfragen
Dario Giacometti und Marc Plancherel (Staatssekretariat für Wirtschaft SECO)